Zivildienst-Einsätze 360°: Unbedingt mit Ausbildung – Zivis im Regionalgefängnis Thun

Regiogefängnis-Thun

«Als Einsatzbetrieb stellen wir hohe Anforderungen an die Zivis», stellt Simon Anderegg, stellvertretender Direktor des Regionalgefängnisses Thun, gleich einmal klar. Die Ansprüche an die Zivis sind so vielfältig wie die Menschen, die im Gefängnis einsitzen. «Jeder Insasse hat einen anderen Hintergrund, beging ein anderes Delikt, zeigt andere Emotionen und reagiert in den Alltagssituationen unter Umständen anders», erläutert Simon Anderegg. Darauf müssen sich die Zivis einstellen können: «Sie müssen lernen, wie sie mit all diesen Menschen korrekt umgehen.»

Zivis ersetzen keine Justizvollzugsbeamte. Sie übernehmen Hilfsdienstleistungen. Ihrer Eignung in diesem speziellen Umfeld schenkt der Einsatzbetrieb spezielle Aufmerksamkeit. Die Einsätze sind durch eine umsichtige Führung durch das Berufspersonal und die Gefängnisleitung nützlich und vertretbar. Risikorelevante Zwischenfälle gab es bis jetzt keine, wie auch der Bundesrat in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage schreibt.

Um den hohen Ansprüchen besser zu genügen, besuchen Zivis entsprechende Kurse im Ausbildungszentrum des Zivildienstes in Schwarzsee. Das Pflichtenheft des Regionalgefängnisses Thun sieht dafür den Kurs «Kommunikation und Betreuung» (KoBe) vor. Hier lernen Zivis, unter erschwerten Bedingungen ruhig und deeskalierend zu kommunizieren. «Gerade im Regionalgefängnis, wo bei den Insassen eine hohe Anspannung und Nervosität, teilweise auch ein hohes Gewaltpotenzial, vorhanden sind, braucht es diese Fähigkeiten unbedingt», unterstreicht Simon Anderegg. Denn sollte sich diese Anspannung einmal entladen, geht es für die Zivis nicht mehr nur darum, die Pflichten zu erfüllen, sondern auch darum, dass ihre persönliche Sicherheit gewährleistet ist.

Zivis sind sich denn auch einig, dass ihr Einsatz im Regionalgefängnis Thun dank dieses Kurses einfacher wurde. Sie können die erlernten, wichtigen Techniken und Verhaltensweisen im Umgang auch mit schwierigen Insassen anwenden. Ein Beispiel: Als den Insassen gewährt wurde, im gefängnisinternen Fitnessraum zu trainieren, kam es zu Spannungen und Handgreiflichkeiten zwischen zwei von ihnen. «Unsere beiden Zivis haben die Kontrahenten sofort getrennt und im persönlichen Gespräch beruhigt. Dass diese Situation so professionell gelöst wurde, ist bestimmt auch den im KoBe-Kurs gewonnen Kompetenzen zu verdanken», erklärt Simon Anderegg. Das war aber bei weitem nicht die einzige kritische Situation. «In einem Einsatzbetrieb wie einem Regionalgefängnis ist es natürlich, dass Spannungen entstehen und sich teilweise auch entladen. Die Personen, die wir betreuen, durchleben viele Emotionen und Ängste. Hinzu kommen die multikulturelle Durchmischung und das Zusammenleben auf engstem Raum, ohne Möglichkeit, Konflikten aus dem Weg zu gehen.»

Simon Anderegg zieht ein positives Fazit: «Für unseren Einsatzbetrieb ist der KoBe-Kurs essentiell. Die dort vermittelten Methoden zur Kommunikation sind notwendig, damit die Zivis die ihnen anvertrauten Aufgaben pflichtgerecht ausführen können.» Denn die Erfahrung zeigt, dass fehlendes Know-how im Bereich der Kommunikation eine Gefahr für den reibungslosen Ablauf im Gefängnis, aber auch ein Risiko für die Sicherheit von Zivis und Mitarbeitenden darstellen kann. Einen Wunsch in Richtung Ausbildung hat Simon Anderegg aber doch noch: «Der Umgang mit äusserst schwierigen und potenziell aggressiven Individuen könnte während der Ausbildung noch verstärkt thematisiert werden.»

Letzte Änderung 10.07.2018

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Zivildienst-Einsätze – 360°

In dieser Blogserie stehen Einsätze aus Sicht der Einsatzbetriebe im Vordergrund. Weshalb werden Zivis eingesetzt? Was machen Zivis im Einsatz? Wozu tragen die Einsätze bei? Zivildienst-Einsätze 360° ermöglicht einen Rundumblick auf die Vielfalt und das Umfeld von Einsätzen.

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