Zivildienst-Einsätze 360°: Artenvielfalt, Alpenschutz und anstrengende Einsätze – Der Einsatzbetrieb Renggalp erzählt
Wer sich hoch genug über das Dorf Kiental wagt, findet den Alpbetrieb Renggalp, der zur Kandertaler Gemeinde Reichenbach gehört. Die Renggalp ist eine Bioalp mit wertvollen Biodiversitäts- und Naturschutzflächen von rund 50 Hektaren inklusive einer Alpkäserei. Um die Alp kümmert sich die junge Familie Rubin während des Sommers. Sie ist darum besorgt, die Alpflächen nachhaltig zu pflegen und zu erhalten.
Warum ist das wichtig? Marcel Rubin erklärt es so: «Wir säubern die Weiden von Lawinenabgängen, damit Weidetiere und Touristen nicht Steinschlägen ausgesetzt sind. Wir zäunen die Alp ein und beweiden sie mit den Tieren. So nutzen wir das Grasland in den steilen Flächen, halten die Weiden offen und schützen sie so beispielswiese vor Erosion.» Indem der Dünger der Tiere massvoll auf die richtigen Wiesentypen zurückgebracht wird, schliesst sich der Kreislauf und die Artenvielfalt bleibt erhalten. Wie vielfältig und naturnah der Alpbetrieb funktioniert, zeigt sich auch im Verwerten der Milch: Daraus entsteht nämlich der Bio-Renggalpkäse, den die Rubins zum Kauf anbieten. Für Marcel Rubin ist klar, wie Kosumentinnen und Konsumenten die nachhaltige Bewirtschaftung unterstützen können: «Jede Konsumentin und jeder Konsument kann einen Beitrag leisten, indem sie oder er gesunde und heimische Lebensmittel einkauft.»
Gerade auch auf den Alpen ist spürbar, dass sich das Klima wandelt. Die Alpauffahrt beginnt früher, immer mehr Unkrautarten sind zu bekämpfen. Und weil die Alpen zudem gebietsweise nicht mehr mit genügend Tieren bestossen werden, verbuschen die Weiden und die Flächen gehen für die Landwirtschaft verloren. Wird der Alpenschutz vernachlässigt, können unerwünschte Naturgefahren entstehen. Dies betrifft alle.
Den Zustand und die Entwicklung der Artenvielfalt in der Schweiz bewertet das Bundesamt für Umwelt BAFU als generell ungenügend. Von den über 45 000 Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz wurde rund ein Viertel untersucht. Davon seien rund 35 Prozent bedroht. Da dies der Bevölkerung und der Politik in den letzten Jahren bewusster geworden ist, hat sich die Agrarpolitik in die richtige Richtung entwickelt. Marcel Rubin fügt an: «Die Bauernfamilien leisten hier einen riesigen Beitrag dazu. Artenvielfalt heisst aber beispielsweise auch, dass der Austausch der Arten untereinander gewährleistet ist.»
Die wirtschaftliche Lage ist für die Alpen nicht leichter geworden. Die Bereitschaft, die vielen Arbeitsstunden zu leisten, nimmt ab. «Um die Alpen nachhaltig zu bewirtschaften, braucht es Willen, Einsatz und Herzblut», fasst es Marcel Rubin zusammen. Um bei der grossen Arbeitslast Unterstützung zu erhalten, ist der Alpbetrieb Renggalp Einsatzbetrieb des Zivildienstes geworden. Zivis helfen beispielsweise bei der Offenhaltung der Weiden oder sie bekämpfen Problempflanzen. In der Produktion dürfen sie nicht fest eingesetzt werden. Die Rubins wollen Brücken schlagen zwischen Ihrer Welt und derjenigen von Zivis – oftmals jungen Leuten aus der Stadt oder Agglomeration. «Unsere Arbeit ist körperlich anstrengend, da braucht es Kondition, Motivation und Durchhaltewillen. Mit Zivis haben wir aber wirklich positive Erfahrungen gemacht. Ihre Unterstützung der Älplerfamilien ist wertvoll.» Was erhalten die Zivis zurück? «Wir vermitteln unseren Zivis auch ein Stück Lebensschule, wenn sie bei uns im Einsatz sind. Speziell ist halt, dass die Zivis bei uns essen und oftmals auch wohnen. Da erwarten wir natürlich Kenntnisse von Anstandsregeln am Tisch und im Wohnbereich mit entsprechender Integrationsfähigkeit. Die jungen Leute haben hier teilweise noch Lücken», antwortet Marcel Rubin mit einem Schmunzeln.
Letzte Änderung 17.07.2018
