20 Jahre Zivildienst: Geschichten im Jubiläumsjahr

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Christoph Hartmann, Leiter der Vollzugsstelle für den Zivildienst, aufgenommen am 9. Oktober 2013 in Thun, Schweiz. (Foto: Gaëtan Bally)

Am 1. Oktober 2016 wird der Zivildienst 20 Jahre alt. Es ist dies ein hohes und zugleich auch ein junges Alter. Jung ist der Zivildienst mit Blick auf das Alter vieler anderer Verwaltungseinheiten des Bundes. Sie feiern ihre 50-, 100- oder gar 150-jährigen Jubiläen. Jung ist der Zivildienst auch mit Blick auf die Geschichte des Zivildiensts in anderen Ländern. Ein stattliches Alter hat er aber, wenn man die Jahre einzeln Revue passieren lässt. Es ist erstaunlich, welch grossen Wandel der Zivildienst in kurzer Zeit durchlaufen hat. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Zivildienst 1996 entstand, und ebenso wenig, dass er bis heute Bestand hat.

Wer steht am Anfang des Zivildiensts? Sind es die Schweizer StimmbürgerInnen, die den Zivildienst mit ihrem Volksentscheid 1992 schufen? Gebührt die Ehre Helmut Hubacher, dessen Initiative zum besagten Volksentscheid führte? Oder sind es vielmehr die jungen Militärdienstpflichtigen mit einem Gewissenskonflikt, die den Zivildienst notwendig machten? Die Auswahl an möglichen Gründungsvätern und -müttern ist gross.

Viele Geschichten

Auch die Blickwinkel auf den Zivildienst sind zahlreich. Bei seiner Gründung erhielt der Zivildienst 1996 drei Grundaufträge: erstens das Problem der Militärdienstverweigerung aus Gewissensgründen zu lösen, zweitens zivile Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu erbringen, wozu drittens auch Dienstleistungen im Rahmen der Sicherheitspolitik gehören. Diesen drei Aufträgen folgend liessen sich sehr unterschiedliche Geschichten von Anfängen erzählen.

Erstens sind das Geschichten, die der Militärdienstverweigerung seit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1874 nachgehen. Solche Geschichten sind zahlreich und sie finden Niederschlag in den vielen gescheiterten Initiativen zur Lösung des Problems der Militärdienstverweigerung.

Geschichten über den zweiten Grundauftrag beginnen 1996 und erzählen davon, wie Zivis Betagte, Jugendliche oder Arbeitssuchende unterstützen und sich für die Umwelt einsetzen. Genau genommen könnten solche Geschichten über die Arbeit im öffentlichen Interesse schon vor 1996 beginnen. Denn die «Stunde Null» im Zivildienst begann in den Worten meines Vorgängers Samuel Werenfels in den 1980-er Jahren. Damals entwickelte dieser im Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Konzepte zum Vollzug der zivilen Arbeitsleistungen, die Militärdienstverweigerer im öffentlichen Interesse ab 1992 zu leisten hatten.

Der dritte Grundauftrag des Zivildiensts schliesslich führt zu nochmals anderen Geschichten und Anfängen. Es sind Geschichten über die Ursprünge des Friedensgedankens und der zivilen Friedensarbeit. Solche Geschichten reichen in die frühen 1920-er Jahre zurück, sie streifen die Anfänge vieler internationaler wohltätiger oder humanitärer Institutionen, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in der Erwartung eines dauerhaften Friedens bildeten. Der Schweizer Ingenieur Pierre Cérésole gründete 1920 etwa den «Service civil international», der bis heute besteht und als Freiwilligendienst ausgestaltet ist. Je nach Perspektive stehen andere Menschen und Traditionen «am Anfang des Zivildiensts».

Der Zivildienst ist ein Zusammenspiel

Es liegt uns fern, die Person und den Zeitpunkt des Beginns abschliessend bestimmen zu wollen. Denn eines ist sicher: Der Zivildienst ist ein Zusammenspiel von vielen – von Zivis mit Einsatzpflicht, von Einsatzbetrieben mit ihren Mitarbeitenden und KundInnen sowie von Mitarbeitenden der Verwaltung. Alle, die zum Zivildienst beitragen, sich ihm verbunden fühlen oder sich für ihn interessieren, bringen Geschichten hervor.

Die Geschichten zum 20-jährigen Jubiläum sind von diesem Bewusstsein getragen. Sie zeigen die Vielfalt des Zivildiensts, indem jeweils ein Zivi, ein Einsatzbetrieb und ein Vertreter oder eine Vertreterin aus der Wissenschaft einen Beitrag zu einem ausgewählten Jahr und Tätigkeitsbereich schreiben. Die gewählten Jahre (1996, 1998, 2002, 2004, 2007, 2009, 2014) dienen als Aufhänger. Sie haben nicht den Anspruch, chronologisch vollständig zu sein. Die Geschichten sind alle 2016 geschrieben worden und werfen aus dem Jubiläumsjahr Rückblicke in die Vergangenheit. Die gut 20 Geschichten werden auf der Website publiziert, pro Woche eine.

Im Gesamten – so bleibt zu hoffen – zeigen diese Geschichten nicht nur die bunte Vielfalt und den Wandel des Zivildiensts, sondern machen auch Blicke frei auf Widersprüche und werfen Fragen auf. Das Jubiläum ist ein Grund zur Freude, aber auch eine Gelegenheit, genau und kritisch in die Vergangenheit zu blicken, ebenso wie eine Chance, sich für die Zukunft zu stärken.

Ich wünsche Ihnen Freude und Gewinn bei der Lektüre des Kommenden, auf das ich selbst sehr gespannt bin!

Christoph Hartmann
Leiter Zivildienst

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Letzte Änderung 25.04.2017

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