Seit 2001 arbeitet die kirchliche Westschweizer Nichtregierungsorganisation DM-échange et mission mit Schweizer Zivis zusammen und organisiert für sie Einsätze bei Partnerorganisationen in rund einem Dutzend Ländern in Afrika, im Indischen Ozean und in Lateinamerika. Ein Porträt.
Auslanderfahrung im Dienste des Vaterlandes
Im Jahr 2009 erlebte das Zentrum Kairos in Kuba, ein Partner von DM-échange et mission, eine Verjüngungskur der besonderen Art: Verschönerung der Räumlichkeiten, ein strahlend weisser Verputz und eine neue Beleuchtung. So war das Zentrum bereit für die jungen Kunstschaffenden und für ältere Menschen aus dem ärmlichen Quartier La Marina in Matanzas. Zu verdanken hat das Zentrum sein neues Gesicht dem Waadtländer Zivi Christophe Kaenel, Maler und Gipser von Beruf, der die Renovation in die Hand genommen hat. Dabei vermittelte er sein Können mehreren Jugendlichen aus dem Quartier. Auf ihn folgte der Solothurner Zivi Benjamin Mahler, der den Jugendlichen das Grundwissen eines Elektrikers beibrachte. So effizient und bereichernd können Zivildiensteinsätze im Ausland sein!
Mit DM-échange et mission sind solche Einsätze bereits seit Januar 1995 möglich. Das Zivildienstgesetz (ZDG) war noch nicht unter Dach und Fach, als Roger Zürcher, ein 28-jähriger Agroingenieur aus dem Berner Jura, mit seiner Frau und ihrer gemeinsamen 15 Monate alten Tochter in den Tschad reiste. Er hatte sich an DM-échange et mission gewandt und arbeitete in der Folge für sie im Tschad in einem Zentrum für Landwirtschaft. Er war einer der ersten Zivis – damals noch ein Wehrdienstverweigerer –, der seinen Dienst im Ausland absolvieren konnte.
Die Anfänge
Das damalige BIGA (Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, das heutige SECO), das früher für den Zivildienst zuständig war, fragte 1996 DM-échange et mission an, ob sie interessiert seien, als Einsatzbetrieb für den Zivildienst im Ausland tätig zu sein. Gerda Borgeaud, zuständig für die Bewerbungen bei DM-échange et mission, erinnert sich: «Wir haben uns von Anfang an sehr gefreut, denn die von den damaligen Wehrdienstverweigerern vertretenen Wertvorstellungen stimmten mit den unsrigen zu grossen Teilen überein.»
Mit den Jahren stieg der Bekanntheitsgrad von DM-échange et mission. Vom ersten offiziell von der Zivildienststelle anerkannten Ausland-Zivi, der 2001 für einen Einsatz als Französischlehrer in einem Gymnasium von FJKM, einer Partnerorganisation von DM-échange et mission, in Madagaskar arbeitete, bis zu den 13 Zivis, die dieses Jahr ihren Ausland-Dienst leisten werden, haben dutzende junge Männer das oftmals langwierige und aufwändige Auswahlverfahren durchlaufen. Bis heute haben insgesamt 80 Zivis mit DM-échange et mission einen Einsatz im Bereich Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe in Afrika, im Indischen Ozean oder in Lateinamerika absolviert.
Was sie verbindet? Sie alle sind natürlich Schweizer. Sie sind jung und neugierig, lehnen Krieg und Militär ab und bringen eine grosse Weltoffenheit mit. Seit 2009, als die Gewissensprüfung zur Zulassung zum Zivildienst abgeschafft wurde, erhält Gerda Borgeaud immer mehr Anfragen. «Am Anfang wollen die Zivis vor allem helfen, ihr Wissen und Können weitergeben. Aber ich betone immer schon im ersten Gespräch, dass sie den Einsatz mit unserer Organisation nicht nur als einen Job sehen sollen. Unsere Zivis müssen sich in eine Gemeinschaft integrieren, in eine Schule, in eine soziale Struktur, in der von ihnen erwartet wird, dass sie mithelfen und sich engagieren. Sie müssen bereit sein, sich anzupassen.»
Nichtkirchliche Arbeitskräfte
Obwohl DM-échange et mission als kirchliche Organisation anerkannt ist, schicken sie dennoch keine Pfarrer und Theologen in aller Herren Länder: Den Zivis ist es strikt untersagt, die Leute bekehren zu wollen. Die Einsatzarten und Pflichtenhefte sehen ausschliesslich nichtkirchliche Arbeitskräfte vor, auch wenn die Zivis natürlich ihre Freizeit mit den Menschen vor Ort in kirchlichen Einrichtungen verbringen können. «Das kirchliche Leben gehört in Kuba zum Alltag», berichtet der Waadtländer Zivi Christophe Kaenel aus Kuba. «Obwohl ich selbst normalerweise nicht in die Kirche gehe, hat mich das aber auch nicht gestört. Im Gegenteil. Uns verbinden oft die gleichen ethischen Werte, ob man nun gläubig ist oder nicht.» Ähnlich klingt es beim Genfer Raphaël Gallay, der 2007 als Zivi in Mexiko war: «Da ich selbst nicht gläubig bin, hatte ich zunächst Vorurteile gegenüber der Kirche und ihrer missionarischen Seite. Aber vor Ort war ich überrascht über den bereichernden Austausch zwischen dem christlichen Glauben und der Spiritualität der Maya. Zudem habe ich festgestellt, dass viele soziale Projekte von der Kirche getragen werden.»
Einen Zivildiensteinsatz im Ausland zu leisten, wird immer komplizierter. Die Pflichtenhefte sind extrem präzise und spezifisch. Man muss verschiedene Kurse absolvieren zu Themen wie Kommunikation und Betreuung, aber auch zur Sicherheit bei einem Auslandeinsatz. Für Einsätze in Lateinamerika wird zudem ein Sprachkurs verlangt und alle Zivis müssen sich einer medizinischen Kontrolle in Basel unterziehen. Nur die Motiviertesten unter ihnen können ihren Zivildienst schliesslich am anderen Ende der Welt leisten, sofern sie die entsprechende Ausbildung mitbringen − vorausgesetzt werden ein EFZ, ein Bachelor oder ein Master. Doch alle kommen sie verändert und um vieles reicher zurück: «Die jungen Leute merken, dass sie mindestens so viel zurückbekommen, wie sie geben – wenn nicht sogar mehr», sagt Gerda Borgeaud mit einem Lächeln.
Letzte Änderung 10.03.2020