Das Freilichtmuseum Ballenberg ist eine private Stiftung mit dem Ziel, traditionelle ländliche Bauten samt ihren typischen Einrichtungen zum Wohnen und Arbeiten aus allen Landesteilen der Schweiz zu sammeln, zu erforschen, zu erhalten und zu vermitteln. Mittlerweile beherbergt das 1978 eröffnete Museum über 100 Gebäude und über 40 000 Sammlungsobjekte. Eine weitere Besonderheit ist der hohe Eigenwirtschaftlichkeitsgrad und die relativ geringe Unterstützung des Betriebes durch die öffentliche Hand. Beim Einsatz von Zivildienstleistenden stand immer die Erhaltung unserer Kulturgüter im Zentrum, schreibt der Sammlungskurator Anton Reisacher.
Die Anfänge
Das Freilichtmuseum Ballenberg hat sich schon in den Anfängen des zivilen Ersatzdienstes um die Anerkennung als Einsatzbetrieb bemüht und erhielt die Zulassung im Frühjahr 1999. Dabei stand schon immer der Einsatz von Zivildienstleistenden zur Erhaltung unserer Kulturgüter im Zentrum. Der notwendige Unterhalt der historischen Museumsgebäude ist aufwendig und seit je eine der Hauptaufgaben des Ballenbergs. Doch in den Häusern und in den Sammlungsdepots sind zudem Tausende von Kulturgütern zu erhalten, die einen grossen Anteil an der Lebendigkeit und Eindrücklichkeit des Freilichtmuseums ausmachen: die Sammlungsobjekte.
Seit den Aufbaujahren in den 1970er und 1980er Jahren konnten so viele Sammlungsobjekte erworben werden, dass die personellen Kapazitäten für ihre wissenschaftliche Erfassung und konservatorische Betreuung bei weitem nicht ausreichten. Erschwert wurde die Situation durch die Vielzahl von Depots in den Museumgebäuden selbst und ausserhalb des Geländes.
Um die Erhaltung der Kulturgüter und weitere Arbeiten wie die Landschaftspflege sicherzustellen, bot sich der Einsatz von Zivildienstleistenden an: Im Dienste der Gemeinschaft unser Museum und unsere Kulturgüter zu pflegen und zu erhalten, ist ihre Aufgabe. Als Beauftragter für den Zivildienst wurde der Sammlungskurator eingesetzt.
Drei Pflichtenhefte warteten seit der Anerkennung auf einsatzwillige Zivis:
- Inventarisierung/Depot: Inventarisierung und Lagerung von Sammlungsobjekten, gedacht für Studierende der Geisteswissenschaften;
- Unterhalt von Ausstellungsgegenständen, gedacht für Berufsleute eines Holzhandwerks;
- Wald- und Umgebungspflege, gedacht für alle, die gerne an der frischen Luft arbeiten.
Die ersten Jahre
Entgegen unseren Erwartungen wurde das «akademische» Pflichtenheft «Inventarisierung/Depot» am wenigsten nachgefragt. Vielmehr wünschten die meisten jungen Männer ihren Einsatz im Museumsgelände zu absolvieren, häufig kombiniert mit der Mithilfe in der Tierbetreuung. Dort konnten auch kurze Einsätze von 26 Tagen geleistet werden.
Lange konnten wir nur eine Unterkunft für zwei Zivis zur Verfügung stellen, was dazu führte, dass in gewissen Zeiträumen Absagen an Interessierte erteilt werden mussten. Froh waren wir deshalb, wenn Zivis aus der näheren Umgebung bei uns ihren Einsatz leisteten und an ihren Arbeitsort pendeln wollten.
Dennoch konnten immer wieder Einsätze vereinbart werden, in denen die Zivis unzählige Sammlungsobjekte inventarisierten, reinigten und reparierten. Die Objekte wurden in den zentralen Depots zusammengeführt. In den Lagern selbst konnte die Aufbewahrung verbessert werden, indem die Zivis neue Regale bauten oder bestehende ergänzten. Das Nachführen der Standorte in der Datenbank war denn auch eine ihrer häufigen und wichtigen Tätigkeiten, wollen wir doch von jedem Objekt genau wissen, wo es steht.
Das Jahr 2004: Kulturgütererhaltung
Im Jahr 2004 – nachdem im Laufe von 5 Jahren der Einsatz von Zivis zur Normalität geworden war – leisteten 9 junge Männer insgesamt 660 Tage Zivildienst im Freilichtmuseum. Davon wurden 2/3 in der Wald- und Umgebungspflege und 1/3 im Bereich Inventarisierung und Unterhalt von Sammlungsobjekten absolviert.
Wir hatten das Glück einen Uhrmacher, einen Schreiner und einen Historiker im Einsatz zu haben.
Der Uhrmacher erfasste alle Uhren der Sammlung. Dazu gehörte das Nachführen der wissenschaftlichen Datenbank, die Zustandsbeschreibung und die Reinigung der Uhren. Zudem verfasste er Anleitungen zum Betrieb der Uhren in den Museumsgebäuden und Gutachten zu den eingelagerten Uhren. Dank ihm konnte der Bestand dieser Zeitmessgeräte fachgerecht erschlossen werden. Eine Arbeit, die auch nach 12 Jahren noch Früchte trägt.
Der Schreiner reparierte verschiedene Fahrzeuge und landwirtschaftliche Geräte, baute Lagergestelle und half beim Einwintern der Hauseinrichtungen und in der Betreuung der Tiere mit.Und der Historiker schliesslich inventarisierte 273 Objekte während seiner 33 Einsatztage. Darunter waren mehrere bedeutende Schenkungen oder Ankäufe, die wegen ihres Kontextes für den Ballenberg sehr wichtig sind. Mit ihm hatten wir eine enge Zusammenarbeit, die in eine Freundschaft mündete, die noch heute besteht.
Vielleicht darf das Fazit unserer Erfahrungen mit dem Zivildienst und den Zivildienstleistenden so formuliert werden: Die Zivis leisten grossartige Arbeit in unserem komplexen Betrieb mit den vielen unterschiedlichen Mitarbeitern und Tätigkeiten. Nicht nur auf fachlicher Ebene bereichern die jungen Männer unseren Alltag, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene durften wir viele wertvolle Erfahrungen machen.
Letzte Änderung 10.03.2020